I
Zitate entwickeln ein eigenleben, vor allem dann,
wenn sie aus dem kontext herausgenommen einfach als ein faktum gesetzt
werden. Das ist der fall, wenn das zitat einfach separiert in einer
eigenständigen rubrik eines mediums präsentiert wird.
Das zitat habe Ich nicht überprüft und Ich vertraue
darauf, dass der redakteur der Westfälischen Nachrichten für sich die
quellenkontrolle vorgenommen hat und Ich vertraue darauf, dass er
korrekt seiner kontrollpflicht nachgekommen ist.
Es gibt noch einen anderen grund, warum Ich darauf
setze, dass das zitat dem Markus Söder zugeordnet werden kann. Gemäss
der erfahrung, dass eine geschichte zwar nicht wahr ist, so aber doch
gut erfunden, hat das zitat ein eigenleben, das unabhängig von seinem
urheber für sich steht. Es beschreibt einen bestimmten sachverhalt, der
mit der analyse eine synthetisierende reflexion evoziert. In dieser
perspektive nutze Ich das zitat.
II
Das zitat beschreibt präzis die logik des
populisten, der die halbe wahrheit in dem einen kontext als halbe
wahrheit in einen anderen kontext verschiebt, so die illusion
schaffend, dass die gesagten teilwahrheiten die ganze wahrheit seien.
Das zitat vermengt zwei bereiche der öffentlichen erfahrung, die zwar
eine gemeinsame schnittmenge haben, deren teilmengen aber differenten
bereichen zugeordnet sind. Der eine bereich ist die besteuerung der
dienstleistung eines restaurants, der andere bereich ist die allgemeine
besteuerung eines lebensmittels als handelsobjekt. Es gilt allgemein
als gesichert, dass die besteuerung dieser produkte die grundlage jeder
staatorganisation ist, die offene streitfrage ist die höhe der
besteuerung, die politisch entschieden wird.
Der hintergrund des zitats ist einerseits, dass im
horizont der corona-pandemie aus ökonomischen gründen der steuersatz
auf die leistungen des restaurants für einen definierten zeitraum um
12% auf dem satz von 7% vermindert wurde, dem steuersatz, der für
lebensmittel allgemein gültig ist. Die frist der aussetzung endet am
31.12.2023, sodass ab 1.1.2024 der reguläre steuersatz von 19% wieder
erhoben wird. In diesem kontext kann weder von einer steuersenkung
gesprochen werden, noch von einer steuererhöhung, gleichwohl dies so
erscheint - also es ist nur ein teil der wahrheit.
Der hintergrund des zitats ist andererseits die
allgemeine diskussion um die besteuerung der lebensmittel, vor allem
des grundbedarfs, den jeder bürger hat. Die geltende regelung von
7%/19% auf lebensmittel halte Ich für absurd und beurteile sie als ein
typisches verwaltungsmonster, das einerseits in der erhebung der
differenten besteuerung riesige kosten verursacht, die bei einer
generell gleichen besteuerung entfallen, und, das die differenzierende
regel andererseits zu einem idealen schlupfloch für
steuermanipulationen macht, das von denjenigen schamlos ausgenutzt
wird, die ihre steuerschuld "gestalten" können. Vernünftiger wäre es,
für alle handelsgüter einen einheitlichen steuersatz zu erheben und die
differenz von erhobener steuer, derzeit 19%, für den unabweisbaren
grundbedarf bei diesen gütern (=steuerliches existenzminimum) jedem
bürger zurückzuüberweisen oder zu verrechnen
(b). Insofern ist die forderung im zitat nur eine halbe wahrheit.
Das hantieren mit halben wahrheiten in differenten
problembereichen ist das werkzeug in der hand jedes populisten, der
seiner angepeilten kundschaft nach dem maul redet
(c).
Im vorliegenden fall wird dem armen einerseits steuerfreiheit
verheissen, andererseits dem reichen die reale steuerminderung
zugesichert, beträge, die sich einerseits im mehrstelligen Eurobereich
bewegen und andererseits eine kümmerliche entlastung im unteren
zweistelligen bereich darstellen. Der bezieher von bürgergeld hat für
einen restaurantbesuch die mittel nicht verfügbar, der wohlhabende
aber, der im Zweisternerestaurant locker 500€ für ein dinner hinlegen
kann, spart so locker 60€ - das ist mehr als der monatliche tagessatz
eines HartzIV-beziehers
(d).
Söder redet als populist, dem das allgemeinwohl nur eine phrase al gusto ist.
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(a)
für das tägliche zitat haben die
Westfälischen Nachrichten eine ständige rubrik auf der ersten seite des
allgmeinen teils der zeitung eingerichtet, ebenso für den lokalteil.
Dem zitat ist keine quellenangabe beigefügt.
(a)<==//
(b)
das modell des steuerfreien
grundbedarfs an lebensmitteln erfordert eine grundlegende reform des
geltenden steuerrechts, die dringend geboten ist, weil die
detailregelungen in vielen fallgestaltungen nicht mit dem
gleichheitsgebots vor dem gesetz (Art.3 GG) vereinbar sind. Es ist hier
nicht der ort, einzelheiten zu erörtern, aber es gibt hinreichende
modelle, wie der grundbedarf eines durchschnittlichen bürgers berechnet
werden kann - bei HartzIV gibt es ein solches modell, das in seiner
gegenwärtigen ausgestaltung mit dem gleichheitsgrundsatz der verfassung
schwerlich zu vereinbaren ist. Der maasstab für die berechnung des
grundbedarfs verletzt eklatant das gleichheitsgebot. Die berechnung
dieses bedarfs ist nicht am statistischen mittel der gesellschaft
ausgerichtet, sondern am erzwungenen kaufverhalten eines bürgers
unterhalb der armutsgrenze, ein konsumverhalten, das für diese
sozialgruppe als "typisch" angesehen wird. Der politisch gewählte
maasstab, seit jahrzehnten im gebrauch, ist nicht verfassungskonform.
(b)<==//
(c)
dem ondit nach wird Martin Luther die
maxime zugeschrieben: dem volk aufs maul schauen. Er hat hingeschaut,
wie das volk über seine dinge redet und mit der bibelübersetzung hat
Luther das fundament für die moderne deutsche sprache gelegt.
(c)<==//
(d)
alles nur eine frage des rechenstiftes.
Der grundbetrag eines bürgergeldempfängers ist bis zum 31.12.2023 auf
den betrag: 501 euro, gesetzlich festgelegt, dieser betrag, diviert
durch 30 tage, macht pro tag gerade mal 16,70€, die der empfänger von
bürgergeld für die begleichung seines lebensbedarfs zur verfügung hat.
(d)<==//